Sony Ericsson XPERIA X1
(25.10.2008 00:00 CET)
Es ist immer wieder faszinierend: Geräte, die man sehnlich erwartet, werden zur Enttäuschung, so mir gerade mit dem Palm Treo Pro geschehen, und Geräte, die man eher skeptisch sieht, werden zu einer mehr als positiven Überraschung. Letzterer Fall ist gerade mit dem Sony Ericsson XPERIA X1 passiert, und beide haben sicherlich auch etwas miteinander zu tun: Das XPERIA ist das erste Windows Mobile-Gerät von Sony Ericsson und hat damit eine Sonderrolle, genau wie damals der Palm Treo 750 als erstes Windows Mobile-Gerät von Palm.
Und wie Palm hat auch Sony Ericsson bei seinem ersten Wurf viel Wert darauf gelegt, das XPERIA von der Konkurrenz abzuheben und es nicht nur von den Funktionen, sondern auch durch viele Anpassungen des Betriebssystems. Um den Kreis zu schließen: Palm hat genau dies beim Treo Pro nicht gemacht.
ch hatte das Glück, eines der ersten XPERIAs in Deutschland zu bekommen: Ignition ist der offizielle Online-Shop von Sony Ericsson, und hatte, als ich aus anderem Grunde da war, die erste Lieferung bekommen. Nach über einer intensiven Woche sind jetzt genug Erfahrungen da, einen ausführlichen Testbericht zu schreiben.
Zu allererst zur Haptik, dem allgemeinen Gefühl der Wertigkeit des Gerätes: Das Sony Ericsson XPERIA X1 ruft spontan zwei unterschiedliche Reaktionen bei unbedarften Menschen hervor: Die erste ist "Boah, ist das schwer!". Das mag vom Grundsatz her sogar stimmen, wird aber schnell von der zweiten Reaktion - nach einem genaueren Blick auf Material und Verarbeitung - abgelöst: "Hui, ist das edel!".
Diese beiden Reaktionen beschreiben das Gerät eigentlich ziemlich exakt: Nimmt man den momentan einzigen ernsthaften Konkurrenten im Bereich der Geräte mit ausschiebbaren Tastatur, den HTC Touch Pro, dann ist das Gewicht mit 145 Gramm sogar 20 Gramm geringer.
Bei der Größe legt das XPERIA gar zu: mit 110x53x17 mm ist es einen knappen Zentimeter länger und 2mm breiter als der Touch Pro, dafür anderthalb Millimeter dünner. Genau diese wenigen Millimeter Unterschied machen aber aus einem unproportionalen Klotz ein handliches und von den Verhältnissen her einfach "richtig" aussehendes Gerät. Keine Frage, für jede Hemdtasche ist es immer noch mehr Belastung als ein HTC Touch Diamond, in der Summe aber trag- und handhabbar.
Wer da noch immer sein Unglück beklagt, der wird durch den Blick auf die Verarbeitung und den wiederholten Vergleich mit dem HTC-Rivalen schnell ruhig gestellt: Sowohl der vordere Rahmen als auch der Akkudeckel sind aus gebürstetem Aluminium, die dazwischen liegende "Chromleiste" zwar nicht, sie erweckt aber erfolgreich den Eindruck. Auch die Platte, die die Tasten der Schiebetastatur eingrenzt wirkt wie Aluminium, alles in allem ein stimmiges, hochwertiges Gesamtbild. Dazu kommt, dass die Mechanik der Schiebetastatur um Längen straffer ist als bei allen anderen Geräten. HTC hatte angekündigt, der Touch Pro würde das ebenfalls leisten, mit dem X1 kann er da aber keinesfalls mithalten.
Einziges kleines Manko sind die unten am Gerät befindlichen Tasten, die aus Plastik und nicht so stramm sind, wie sie sein könnten. Die Konsequenz: sie wackeln und klappern leicht.
In der Summe aber ist das XPERIA X1 das Gerät, dass von allen Windows Mobile-Geräten das beste Aussehen und den edelsten Eindruck hat.
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Technisch gesehen setzt sich dieser Eindruck unverändert fort: Das X1 ist das erste Windows Mobile-Gerät auf dem Markt, das ein WVGA-Display mit einer Auflösung von 800*480 besitzt und damit so viele Informationen wie ein UMPC. Dies macht sich nicht nur im Zusammenhang mit den Panels (siehe separater Abschnitt) bemerkbar, sondern auch in der Arbeit mit Dokumenten, Tabellen, dem Opera Browser etc. Auch wenn die Darstellung in der hohen Auflösung nichts für schlechte Augen ist, der Platz zur Darstellung von Informationen ist so groß, dass es einfach nur Spaß macht. Die Grenzen zwischen Notebook und PDA verschwimmen damit immer mehr. Dazu kommt, dass das Display neben seiner Schärfe eine solche Farbtiefe und Kontrast besitzt, dass der eine oder andere vermutet, ein Dummy mit einem gedruckten Display in den Händen zu halten. Mitnichten: es ist tatsächlich so gut. Auch in der Sonne und anderen eher ungünstigen Umgebungslichtbedingungen ist es sehr gut lesbar.
Wo gerade HTC immer mal wieder mit den eigenen Geräten gescheitert ist ist Sony Ericsson (unabhängig davon, ob das Gerücht, dass HTC die Hardware des X1 fertigt, nun stimmt) erfolgreich: Der 528MHz-Prozessor des X1 bringt seine Leistung tatsächlich auf die virtuelle Straße. Erste Videos hatten noch massive Performance-Probleme offenbart, in der Praxis ist dies mit dem Release-Gerät Schnee von gestern: das Öffnen von Menüs, das Drehen des Displays, Animationen auf dem Bildschirm oder Navigationssoftware mit entsprechender Bildschirmaktualisierung, alles läuft ruckelfrei und schnell. Und auch wenn ich selbst immer sage, dass ich mit kleineren Verzögerungen leben kann, so ist doch klar, dass diese Flüssigkeit der Bedienung deutlichen Einfluss auf den Spaß am Gerät hat.
400 MB RAM und 128MB ROM bieten komfortablen Platz für allerlei Programme, wem das nicht reicht, der kann bis zu 16GB an Daten und Programmen zusätzlich über eine microSD-Karte erweitern.
(auf das Bild klicken für Originalgrösse)
Als Kommunikationszentrale ist das X1 mit allen aktuellen Standards der Region ausgestattet: Quadband Telefonie, Bluetooth 2.0, WiFi 802.11b und g, GPRS, HSDPA und HSUPA. Gerade letzteres ist nicht nicht flächendeckend bei den mobilen Geräten angekommen: Der Datenturbo HSDPA beschleunigt den Download von Daten über das UMTS-Netz, muss man allerdings Dateien hochladen, einen Upload durchführen, dann ist dieser nicht so schnell, wie man ihn erwarten würde. Dieses Problem löst HSUPA. Auf den ersten Blick mag das eher nebensächlich sein, surft man doch mobile mit andere Maßgaben und Anwendungen als mit einem Notebook. Auf den zweiten Blick allerdings relativiert sich das: Durch die Internetfreigabe, die jedes Windows Mobile-Gerät mitbringt, und durch Zusatzprogramme wie den WMWifiRouter kann ein mobiles Gerät wie das X1zum vollwertigen Internetzugangspunkt gemacht werden und damit dem Notebook als Router dienen... und in dem Zusammenhang ist es wieder von Interesse, auch in der Upload-Richtung entsprechende Bandbreite zur Verfügung zu haben.
Einer der wichtigen Faktoren für ein Messaging-Gerät ist die Eingabemöglichkeit für Text, der nun einmal Bestandteil einer jeden Nachricht ist. Das X1 bietet dazu eine ausschiebbare Tastatur, die - wie beim Touch Pro oder dem TyTN II auch - automatisch die Display-Darstellung dreht. Solche Tastaturen sind auf Grund ihrer geringen Größe immer nur subjektiv zu bewerten, aus meiner Sicht offenbart sich hier eine der wenigen kleineren Schwächen des XPERIA X1: Die Tastatur ist extrem flach, was sich positiv auf die Gesamtdicke des Geräts auswirkt, aber damit ist sie auch weniger "fühlbar" als die der Konkurrenz. Das führt zumindest am Anfang dazu, dass man sich eher unsicher ist, ob man eine Taste nun getroffen hat oder nicht, und damit automatisch auch auf die Schreibgeschwindigkeit. Mit der Zeit gewöhnt man sich daran, und besser als eine Softtastatur auf dem Bildschirm ist sie allemal.
Der dem XPERIA X1 beiliegende Akku ist mit 1500mAh mehr als ausreichend dimensioniert. Je nach Nutzung kommt man (mit moderatem Telefonieren, Verbindung zum Server mit aktivierter Push-Mail und normaler Nutzung als PDA) auf anderthalb bis zwei Tage, auch bei intensiverer Nutzung auf jeden Fall bis zum späten Abend. Nicht eingerechnet dabei: Navigation, Bluetooth und WLAN. Die Navigation bedingt ja, dass das Gerät eingeschaltet ist (und damit per se mehr Strom verbraucht), Bluetooth (mit eingeschalteter Erkennbarkeit) und WLAN als Funksender führen schon dazu, dass der Akku am Ende des Tages (bei WLAN sogar früher) zur Neige geht. Das ist allerdings kein X1-spezifisches Problem, sondern bei allen Geräten gleich.
Die eingebaute Digitalkamera des X1 ist einer der Punkte, die im Vorfeld für grosse Aufregung gesorgt hatten: Unbestritten sind die Sony Ericsson-Cybershot-Handies von der Bildqualität her quasi "telefonierende Digitalkameras", während die meisten anderen kombinierten Geräte eher umgekehrt sind: Fotos machen können sie auch, sind aber kein Ersatz für eine echte Digitalkamera. Das X1 ist da leider keine Ausnahme: Die Bildqualität ist für ein mobiles Gerät mit Kamera gut, aber sie kommt keinesfalls an die einer guten Digitalkamera heran.
Bis hierhin ist das X1 ein gutes, edles, aber funktional noch nicht besonderes PDA-Phone. Was macht nun das Besondere und sich von der Masse abhebende eines Gerätes aus? HTC hat es vorgemacht: Windows Mobile als Basisbetriebssystem zu nutzen ist funktional klug, auf Grund der doch eher kargen Oberfläche aber setzt man klugerweise eine für das eigene Gerät spezifische Bedienoberfläche mit zusätzlichen Funktionen darüber. So hat HTC es mit TouchFLO und TouchFLO 3D gemacht, so machen Asus, Toshiba und GSmart es mit den eigenen Geräten, und so hat auch Sony Ericsson die Entscheidung pro einer eigenen Oberfläche getroffen. Allerdings - und das ist wirklich besonders - hat man nicht schnöde einen weiteren "viele große Knöpfe und fingerfreundliche Bedienelemente"-Klon geschaffen, sondern sich Gedanken um eine eigene Bedienphilosophie gemacht.
Das Zauberwort heißt "Panels". Durch Drücken der X-Taste unten rechts wird eine Übersicht der installierten Oberflächen aufgerufen. Im ersten Moment mag man diese als etwas funktionalere Heute-Bildschirme sehen, das erfasst aber nicht die gesamte Leistungsbreite. Die beiden Sony Ericsson-Panels präsentieren beispielsweise die Uhr, die Termine (in einer Spb Diary angelehnten Ansicht), das Wetter der aktuell eingestellten Stadt, wahlweise eine Analog- oder Digitaluhr (oder auch zwei Städte mit den jeweiligen Zeiten), ein Merker für neue Nachrichten und verpasste Anrufer, Tasten für das Ein- und Ausschalten der Funksender und des Lautsprechers und schließlich Platz für die wichtigsten, frei zu konfigurierenden RSS-Feeds an. Alles ist frei konfigurierbar, es stehen 10 Slots zur Verfügung, die man einrichten kann. Wählt man beispielsweise beide Uhren, dann sind statt zwei oder drei gleich vier oder fünf Slots weg, entsprechend weniger Platz bleibt dann für den Rest der Elemente. Wer eher auf den Spb Mobile Shell-Look steht, der lädt sich einfach das kostenlose Panel von Spb herunter, installiert es, positioniert es auf der Panelseite und wählt es dann.
Panels bestimmen aber nicht nur die Darstellung von Informationen, sondern führen auch Funktionen aus. So ist das "Media Experience Panel" vollwertiger Medienplayer, das Radio-Panel stellt ein FM-RDS-Radio zur Verfügung (das Kopfhörerkabel dient als Antenne) etc. Wer es dann ein wenig ruhiger mag, der nimmt einfach das 3D-Aquarium, in dem nur die Zeit und einige 3D-Fische schwimmen: die Möglichkeiten sind grenzenlos. Und gerade die Einbindung von Spb zeigt, wohin die Reise gehen soll: Das Angebot wird mit breiterer Vermarktung des Geräts steigen und steigen und damit die Anwendungsbereiche noch vervielfältigen.
Softwaretechnisch hat Sony Ericsson mehr beigelegt als die Konkurrenz, allerdings ist da nicht unbedingt ein Argument: Das omnipräsente Google Maps ist frei herunterladbar, Handango InHand ist nichts anderes als ein Einkaufsladen auf dem Gerät, mit dem man Handango-Software beziehen kann, die beiden beigelegten Spiele sind nett, wobei Bejeweled 2 auch nur eine Testversion ist.
Bitter wird es meines Erachtens mit der zusätzlichen Navigationslösung: Wie auch immer das geschehen konnte: Zumindest auf meinem Gerät läuft die für ein Jahr freigeschaltete Version nicht vernünftig. Die normale Version lässt sich herunterladen und installieren, ist aber eben nur deutlich kürzer vollständig nutzbar.
Warum gerade Wayfinder? Es bleibt im Land, auch Wayfinder stammt aus Schweden. Man mag geteilter Meinung darüber sein, besser als keine Navigationssoftware (wie die meisten Konkurrenten ausliefern) ist es allemal.
Natürlich unabdingbar für ein Gerät mit einem solchen Display ist der Opera Mobile 9.5, der das Surfen zum Vergnügen macht.
Mein großes Kompliment geht an Sony Ericsson für den Verzicht auf die eigenen Standards und die Ausrichtung auf das, was für Windows Mobile als Standard existiert: Als Speicherkarte wird kein Memory Stick verwendet, sondern eine microSD-Karte. Der Ladestecker ist kein SE-Pfostenstecker, sondern ein miniUSB-Stecker. Und den lautesten Applaus erntet der Kopfhörerstecker: 3.5mm Standardstecker, jeder Kopfhörer passt hinein. Dabei ist der beiliegende gar nicht mal schlecht und wird dem Normalanwender weit genügen. Durch die Trennung des Kopfhörers vom Mikrophon kann die Freisprecheinrichtung eben auch mit jedem beliebigen Kopfhörer kombiniert werden.
Kein Gerät ohne Bugs, so auch nicht das X1. Erfreulicherweise allerdings beschränken diese sich nach einer Woche intensiver Praxisanwendung auf Kleinigkeiten, die nichts desto Trotz nerven: Beispielsweise "vergisst" das Gerät die Emailsignatur bei jedem Neustart und überschreibt sie mit "Gesendet von meinem XPERIA X1". Dann ist die Anordnung von Zeit bzw. Akku in der Titelzeile von Fenstern irgendwie unlogisch und wechselt immer mal wieder.
Anfänglich hatte ich einige wenige Lockups, die allerdings nur dann auftraten, wenn das Gerät hochgefahren war, dabei nach Bestehen der Online-Verbindung noch mal manuell die Aktualisierung der Feeds angestoßen wurde (die im Hintergrund schon automatisch lief). Seit einigen Tagen kann ich dies aber nicht mehr reproduzieren.
Preis:
EUR 610,- hier
Fazit:
Alles in allem ist für mich persönlich das Sony Ericsson XPERIA X1 so etwas wie "Nachhausekommen". Über die Jahre sind alle möglichen Geräte mit tollen Features auf den Markt gekommen, aber irgendwie blieb immer so ein Gefühl des "ist das alles?" offen. Das X1 ist das erste Gerät, was meine Ansprüche vollends erfüllt: Edler Look mit Alu und Metall, eine ausschiebbare Tastatur ohne die Nebenwirkung, dass das Gerät extrem klotzig ist, durchdachtes Zubehör, eine Softwareausstattung, die das Gerät besonders macht (hier mag vielleicht ein wenig die "Langeweile" durchscheinen: Das zwanzigste Gerät mit Windows Mobile Standardoberfläche zu nutzen, ist nicht wirklich prickelnd...).
Der Preis ist hoch, aber im Durchschnitt der Konkurrenten, und damit für mich eindeutig:
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